Kleinplanetentagung
2007
Die Tagung der
Fachgruppe "Kleinplaneten" der VDS des Jahres 2007 fand am 2. und 3
Juni in Berlin statt.
Tagungsort war, wie schon 2001, die Archenhold - Sternwarte
(604) in Berlin Treptow.
Organisiert wurde die Tagung von A37
(Müggelheim).
Alle
Veranstaltungsorte in Google
Maps
Hier sind einige Tagungseindrücke von Rolf Apitzsch zu sehen.
Berlin war eine Reise wert - Die 10.Tagung der FG Kleine Planeten / von Markus Griesser
Die Jubiläumstagung der Kleinplanetler am 2./3. Juni bot viel
Technisches. Die Systematik, so will es scheinen, hat in der
Kleinplanetenarbeit weitgehend die Beschaulichkeit abgelöst. Es
hat sich wirklich viel verändert bei den Beobachtungen in diesen
zehn Jahren seit der ersten Tagung 1998 in Drebach. Doch wegen der
vielen Neuheiten waren ja auch die meisten der 55 angemeldeten
Tagungsteilnehmer in die Archenhold-Sternwarte nach Berlin gekommen ...
Die Ausrüstungen selbst vieler Einzelkämpfer in der
Kleinplaneten-Szene sind heute klar professioneller und auch
entsprechend aufwändiger geworden. Der Preiszerfall in der
Informatik und bei den CCD-Kameras äußert sich
hauptsächlich darin, dass sich auch einfache Amateurastronomen
heute recht leistungsfähige Kameras zulegen können. Doch war
es vor zehn Jahren noch möglich, Entdeckungen von 16 mag oder 17
mag hellen Asteroiden zu machen, so bewegen sich heute sogar die
Anfänger unter den Asteroidenjägern bei ihren Neufunden meist
jenseits der 20.Größenklasse.
Reise in die astronomische Vergangenheit
Für einmal
begann die Tagung mit einem Vorprogramm am Freitagnachmittag. Ein
stattliches Grüppchen Teilnehmende fanden sich auf dem
Telegrafenberg in Potsdam ein, wo unter kundiger Führung eines
Institutsmitarbeiters eine Besichtigung des restaurierten
Doppelrefraktors und des Einsteinturms auf dem Programm stand. Der von
der Firma 4H-Jena-Engineering liebevoll restaurierte und genau vor
einem Jahr wieder in Betrieb genommene Doppelrefraktor war 1899 das
Hauptinstrument des Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam. Das
imposante Instrument besteht aus einem fotografischen Fernrohr mit
einem Linsendurchmesser von 80 Zentimetern und 12,2 Metern Brennweite
und einem optischen Fernrohr von 50 Zentimetern Durchmesser bei einer
Brennweite von 12,5 Metern für unmittelbare Sternbeobachtungen.
Erfolge verzeichnete der große Refraktor insbesondere bei der
Messung von Doppelsternen nach photometrischen Verfahren. Der
Beobachtungsbetrieb wurde 1968 eingestellt, doch setzte sich dann 1997
der damals gegründete Förderverein für eine fachgerechte
Renovation des in der Zwischenzeit stark beeinträchtigten
Instrumentes ein. Heute ist der Refraktor ein eindrückliches
Industrie- und Forschungsdenkmal, das lebhaft erahnen lässt, wie
mühselig vor hundert Jahren noch die astronomische
Beobachtungsarbeit war.
Der Einsteinturm als architektonische Kostbarkeit
Auch die
Besichtigung des architektonisch sehr eigenwilligen Einsteinturms auf
dem Gelände des Instituts war ein besonderes Erlebnis. Zwar
beschränkt sich heute die wissenschaftliche Arbeit auf der
Erproben von neuen Komponenten in anderen Sonnenobservatorien an
besseren Standorten, aber die Besichtigung bot doch Einblick in eine
interessante Facette astrophysikalischer Arbeit.
Der Einsteinturm war übrigens das erste bedeutende Bauwerk des
Architekten Erich Mendelsohn. Er wurde in den Jahren 1919 bis 1924
entworfen und fertig gestellt, wobei der Rohbau bereits 1921 entstanden
ist. Architektonisch gilt er als Vertreter des „architektonischen
Expressionismus“, was aber offenbar selbst der Einschätzung seines
Schöpfers widerspricht. Der Einsteinturm ist jedenfalls trotz
seiner besonderen Architektur ein Zweckbau und war bis zum zweiten
Weltkrieg das wissenschaftlich bedeutendste Sonnenteleskop in Europa.
Der Turm stellt also auch eine der sehr seltenen Verknüpfungen
zwischen Wissenschaft und Kunst da, weil es Mendelsohn gelang, sowohl
die Anforderungen der Wissenschaft als auch seine eigenen Vorstellungen
von Formgebung zu erfüllen. Durch die Beschäftigung
Mendelsohns mit Einsteins Arbeit wird auch etwas von der aufregenden
Entwicklung der modernen Physik in den zwanziger Jahren in dem
Gebäude eingefangen. Der Einsteinturm wurde in den Jahren 1997 bis
1999 umfassend renoviert und zeigt sich auch im Arbeitsraum noch mit
dem ursprünglichen Mobiliar.
Reiches Vortragsprogramm
Den Auftakt in
den reichen Reigen der insgesamt 19 Fachreferate machte am
Samstagmorgen mit Gerhard Lehmann der rührige Referent der
Kleinplanetengruppe. Mit sichtlicher Genugtuung blickte er auf die zehn
Jahre unter seiner Leitung zurück. Und er hatte aus seinen reichen
Statistiken wieder interessantes und aufschlussreiches Zahlenmaterial
mitgebracht: Waren es 1997 bei der ersten Tagung in Drebach gerade mal
25 Teilnehmende, so beteiligten sich diesmal in Berlin mehr als doppelt
so viele Sternfreunde aus fünf verschiedenen Ländern. Die
Mitgliederzahl stieg seit 1998 um über 160 Prozent auf momentan 78
Mitglieder, und die Zahl der beim MPC akkreditierten Sternwarten
vervielfachte sich von damals 14 auf heute 53. Und war 1998 aus der
Fachgruppe heraus gerade mal der Asteroid (9097) Davidschlag nummeriert
und benannt, so kletterte die Zahl der Nummerierten bis heute auf
stattliche 395!
Erfreulich ist aber auch die Beteiligung von Kleinplanetenbeobachtern
im VdS-Journal. Praktisch in jeder Nummer erscheinen Beiträge aus
unserem Kreis, und die vielen interessanten Artikel haben zweifellos
mit dazu beigetragen, dass die FG Kleinplaneten eine der
populärsten Fachgruppen des VdS ist.
Digitalisierung mit Nebengeräuschen
Über die
äußerst anspruchsvolle Vorgehensweise und die Methoden der
Reduktion bei den Plattenmessungen der Palomar-Leiden Survey und der
T-1, T-2 und T-3 Trojan Surveys berichtete Dr. Lutz Schmadel mit seinem
jungen Gehilfen Reiner Stoss vom Astronomischen Recheninstitut (ARI) in
Heidelberg. Insgesamt sind bei diesen Surveys am
48-inch-Palomar-Schmidt in den Jahre von 1960 bis 1977 über 4000
Platten im Format
35 x 35 cm belichtet worden. Diese riesigen Platten enthalten eine
gigantische Datenmenge, die es jetzt mit der Digitalisierung
auszuwerten und vor allem auch zu sichern gilt.
Lutz Schmadel erzählte von den enormen Schwierigkeiten, die
bereits mit dem Transport, mit der Reinigung und mit dem Scannen der
Platten verbunden waren. Da die Auflageplatte des Scanners etwas
kleiner als die Platten ist, musste der Inhalt jeder Platte in einem
doppelten Durchgang mit so genannten Schweinehälften (!) erfasst
werden. Scann-Auflösung übrigens: 1800 dpi! Das Getriebe des
Scanners verursachte einen winzig kleinen, aber eben doch
spürbaren Wobble-Effekt von 10 Mikrometer, den es dann bei
Reduktion zusammen mit weiteren Effekten zu berücksichtigen galt.
Übrigens wurde jede Platte für die Ausmessung insgesamt 169
Subfelder aufgeteilt. Die Astrometrie erfolgte dann mit Pinpoint und
dem UCAC-2.
Die Sternfreunde wurde bei der im Referat geführten
Katalogdiskussion sehr hellhörig, machte doch der erfahrene
Astronom Schmadel auf systematische Fehler beim USNO-B1, der ja bei den
Kleinplanetlern weit verbreitet im Einsatz steht, aufmerksam. Offenbar
ist die Genauigkeit des UCAC-2 bedeutend besser. Doch leider fehlen bei
diesem auch sehr handlichen Katalog immer noch die Himmelsregionen
nördlich von 40 Grad Deklination.
PAN-Starrs und Co im Vormarsch
Dr. Gerhard Hahn
gab in seinem Referat einen einleitenden Überblick über die
Asteroidenforschung und die Surveys der jüngeren Vergangenheit.
Bereits ab nächstem Jahr soll das erste von vier geplanten
1,8-Meter-Teleskopen von PAN-Starrs auf Haleakala in Betrieb gehen. Es
handelt sich um die größte Digitalkamera der Welt, werden
doch je 64 mal 64 CCDs zu einer gigantischen Kamera von 40 mal 40 cm
zusammengeschaltet. Das Herzstück dieser neuen Surveys ist die
Datenverarbeitung, beansprucht doch ein einziges Bild stolze
2 Gigabyte Speicherplatz. Es ist deshalb auch keine Archivierung
geplant. Die Ziele von PAN-Starrs sind ehrgeizig, sollen doch rund 100
Millionen Asteroiden entdeckt werden, darunter mindestes 10.000 NEOs!
Mit dem „Discovery Channel Telescope“ und dem „Large Synopsis Survey
Telescope“ sind bereits noch größere „Sehmaschinen“ in der
Planung, so dass sich heute schon grundsätzliche Fragen stellen.
Die Zukunft des Minor Planet Center ist eine dieser Fragen, die
künftige Mitarbeit von Amateurastronomen eine andere. Gerhard Hahn
empfahl, abzuwarten und vorerst wie gewohnt weiter zu beobachten.
Möglicherweise eröffnen sich dann mit koordinierten
Photometrie-Kampagnen erweiterte Möglichkeiten für uns
Amateure im wissenschaftlichen Einsatz.
Die Taunus-Sternwarte des Physikalschen Vereins Frankfurt
Erwin Schwab
zählt zu den etablierten Werten praktisch jeder
Kleinplanetentagung, und er gehörte schon in Heppenheim zu den
Pionieren der Amateur - Astrometrie. Im November 2006 gelang ihm
zusammen mit Rainer Kling auf der Taunus-Sternwarte (B01) die erste
Asteroiden - Entdeckung des Physikalischen Vereins Frankfurt. Diese
Entdeckung setzte eine alte Tradition des Physikalischen Vereins fort,
denn von 1913 bis 1939 betrieb der Verein das Planeteninstitut, welches
weltweit eines der ersten Forschungseinrichtungen war, das sich mit der
Berechnung von Kleinplanetenbahnen beschäftigte.
Der Kleinplanet 2006 WV129 war nun die überhaupt erste Entdeckung
in der über 180-jährigen Geschichte des Vereins. Er fand
entsprechend Beachtung in den regionalen Medien.
Die Taunus-Sternwarte enthält einen schönen 60cm-Cassegrain, der in Verbindung mit einer SBIG - Kamera
ST-11000 L eine tiefe Reichweite und im Primärfokus auch ein
entsprechend großes Gesichtsfeld bietet. Inzwischen sind den
Kollegen aus Frankfurt bereits weitere Neusichtungen gelungen.
Lust und Frust bei Sternbedeckungen
Von einer
ungewöhnlichen Episode in seiner reichen Erfahrung als Beobachter
von Sternbedeckungen durch Asteroiden berichtete Dr. Eberhard Bredner.
Er hat für seine präzisen Bedeckungsbestimmungen ein C-8 mit
Videokamera und als Kontrollteleskop einen alten Merz-Refraktor im
Einsatz. Die Elektronik ist kompakt in einem Handkoffer untergebracht.
Und offenbar braucht Eberhard Bredner jeweils viel Überzeugskunst,
um diese Schlüsselkomponenten bei seinen Reisen als
Handgepäck ins Flugzeug nehmen zu dürfen. Doch nicht dies war
das Abenteuer, sondern vielmehr die beinahe verpasste Bedeckung am 21.
April 2007 des Asteroiden
(17) Thetis. Das durch den Referenten vorgeführte
Bild-/Tondokument hatte geradezu krimihafte Züge: Noch weit
über die Zeit hinaus blieb das Sternchen unbedeckt. Und nachdem
der Beobachter seinem Frust auf der Tonspur schon hörbar Ausdruck
gegeben hatte, kam es doch noch, gewissermaßen im letzten Moment,
zur Verfinsterung. Der Frust schlug so doch wieder in Freude und eben
sicher auch in Lust auf mehr solcher Ereignisse um...
Auch Martina Haupt, die Gastgeberin, berichtete in ihren kurzen Vortrag
über die Bedeckung eines Asteroiden, und zwar ging es um die (697)
„Galilea“ am 25. September 2006. Insgesamt standen gleich drei Berliner
Stationen für diese Verfinsterung im Einsatz, und es gelang, den
Durchmesser der „Galilea“ anhand dieser Messungen dann mit 82,5
(plus/minus 1,7 km) recht exakt zu bestimmen.
Deep-Sky-Fotos mit Neusichtungen
Wunderschöne
DeepSky - Aufnahmen mit den Spuren von Asteroiden darauf servierte
Wolfgang Ries. Er hat seine Sternwarte inzwischen mit einer
ST-10XME-Kamera ergänzt und erreicht damit an seinem 45cm-Newton
ein stattliches Gesichtsfeld von immerhin 32 x 21 Bogenminuten. Mit
addierten Belichtungszeiten von 30 bis 50 Minuten stößt er
zu so tiefen Grenzgrößen vor, dass ihm in den letzten
Monaten gleich scharenweise Neusichtungen gelungen sind. Allein bis zur
Tagung waren es im laufenden Jahr 52 Designations, die Ries vom MPC
zugesprochen erhielt! Zusammen mit den Stationen 198, A74 und B221
wurde inzwischen eine Follow-Up-Gruppe gebildet, deren Mitglieder
einander gegenseitig bei der Weiterverfolgung neuer Objekte
unterstützen. Weitere Mitglieder sind herzlich willkommen.
Sternwarten zum ersten…
André
Knöfel hat seine Station A80 auf dem Gelände seines
Arbeitsgebers ausgebaut und nutzt jetzt in einer Kuppel eines
früheren Messinstrumentes seinen 30cm-Newton f/4 mit einer ST-7
XME- sowie mit einer Mintron Video-Kamera. Er erzählte von seinen
frustrierenden Erlebnissen mit der alten Ausrüstung, vor allem mit
der Montierung, die ihm beim Einsatz mit zahlreichen Fehlerquellen viel
Ärger bereitete.
Andreas Bonné aus Kempten im Allgäu stellte seine sehr gut
ausgestattete „Heim-Sternwarte“ vor, die er in seinem Wohnhaus
eingebaut hat. Der unter einer Kuppel befindliche 16-Zoll-Meade ist mit
einer ST-2000 XM und einem AO-7-Fokalrechner ausgestattet. Seit
Dezember 2005 trägt diese Station den Code A89. Der ziemlich
eigenwillige Name „Sterni Observatory“ geht übrigens auf Nachbarn
zurück, die offenbar ebenso liebe- wie respektvoll von der
„Sterni“ sprechen.
Für den zwar anwesenden, aber leider nicht der deutschen Sprache
mächtigen Oleg Bykov aus St. Peterburg stellte Sven Andersson die
Software EPOS vor. Dieses neuerdings auch in einer Windows-Version
erhältliche Programm eignet sich für die astrometrische
Auswertung von CCD-Aufnahmen. Es wurde an der berühmten Sternwarte
Pulkovo bei St. Petersburg entwickelt. Es eignet sich auch gut für
statistische Zwecke und Genauigkeitsanalysen.
Über die 22. Größenklasse hinaus
Erich Meyer aus
Linz zählt mit seinen Referaten über schwache Objekte, die er
mit seinem 61cm-Reflektor aufstöbert, zu den
regelmäßigen Referenten auf jeder KP-Tagung. Auch nach
Berlin hatte er wieder zwei exotische Beispiele aus seiner Arbeit
mitgebracht. So gelang ihm in einer insgesamt 104-minütigen
Belichtungszeit eine präzise Beobachtung des 2002 PC130. War
dieses Objekt gerade mal 22.5 m „hell“, so erreichte Erich Meyer beim
2006 UZ184 sogar mehr als die 23.Magnitude. Diesen TNO musste er
allerdings auch 4,3 Stunden lang belichteten, um ihn dann wenigstens in
einer Position sauber astrometrieren zu können.
Photometrie
Über die
Schwierigkeiten, schnelle Erdkreuzer vermessen zu können berichtet
Dr. Helmut Denzau. Da sich bei den „Rapid Movern“ so wichtige
Konstanten, wie Vergleichssterne, Entfernungen, Phasenwinkel und
Helligkeiten rasch ändern, ist es selbst für routinierte
Beobachter nicht einfach, vernünftige Resultate zu erhalten.
Sternwarten zum zweiten…
Detlef Koschny
stellte in seinem ersten Vortrag das im heimischen Garten platzierte
Observatorium B12 in Noordwijkerhout (Holland) vor. Das
wunderschöne, im Eigenbau hergestellte Gartenhaus erinnert mit
seinem Geranienschmuck auf den ersten Blick so gar nicht an die
spezielle Funktion. Das Haus enthält einen 16-inch-Cassegrain mit
einer 2k-CCD auf einer großen Byers-Montierung. Die Sternwarte
ist zwar schon seit vergangenem Jahr in Betrieb, wird momentan aber
gerade auf „Goto“-Betrieb umgebaut. Hauptsorge an diesem Standort in
Holland ist die extrem starke Lichtverschmutzung, die auch bei einem so
großen Teleskop und trotz Filtereinsatz die Reichweite klar
beeinträchtigt. Trotzdem dürfte diese Station in Zukunft ab
und zu von sich hören lassen.
Ein Observatorium der Extraklasse hat der österreichische
Sternfreund Richard Gierlinger realisiert. In seiner alten Sternwarte
(Code 241 Schärding) sammelte er erste Erfahrungen in der
Astrometrie von Kleinplaneten. Es folgte eine Phase der Neuorientierung
und der Planung. Darauf realisierte unser Sternfreund in relativ kurzer
Zeit eine neue Sternwarte auf dem Gaiberg. Mit vielen Fotos zeigte
Gierlinger dieses inzwischen mit dem Code B21 ausgestattete
Observatorium, das als Herzstück einen 60cm Newton auf einer
stabilen Gabelmontierung enthält. Die Freunde aus Österreich
sind offensichtlich besonders geschickt im Eigenbau, befand sich doch
unter den Helfern auch Wolfgang Ries von der Station A44.
Bericht über einen Workshop
Die
persönliche Einladung des European Planetology Network an sechs
Mitglieder der IOTA-ES zum Europlanet N3 Strategic Workshop „Stellar
Occultation Studies in 2007“ wurde von Hans-Joachim Bode genutzt, um
sich über den derzeitigen Stand des aktuellen Planetenwissens
international auszutauschen. Organisiert wurde diese Veranstaltung vom
Observatoire de Paris mit dem Ziel, erdgebundene
Bedeckungsbeobachtungen mit Projekten der ESA zu koordinieren und auf
diese Art Messungen gegenseitig zu ergänzen bzw. zu
überprüfen. Die 30 Teilnehmer aus Nord- und Südamerika,
Asien, Australien und Europa diskutierten an dieser Tagung über
Vorausberechnungen, Astrometrie, Messtechnik und Ergebnisse aus der
„Occultation Astronomy“ im Hinblick auf Sternbedeckungen der
äußeren Planeten und ihrer Monde sowie der „Trans Neptunian
Objects“ (TNO). Dieser Workshop dokumentierte auch die sinnvolle
Zusammenarbeit zwischen Profis und Amateuren.
Material von einem NEA
Zum Auftakt am
Sonntagmorgen präsentierte Detlef Koschny eine eben erst
veröffentlichte Studie der ESA, die er von Berufs wegen als
Wissenschafter mit begleitet hat. Die Mission „NEO Sample Return“
prüfte verschiedene Szenarien, wie man von einem erdnahen
Asteroiden Probematerial zur Erde zurückbringen könnte. Als
bestgeeignetes Objekt wurde dafür der Asteroid 1999 JU3
ausgewählt, weil er unter dem Aufwand geringst möglicher
Energie erreicht werden könnte. Die nächste Gelegenheit
für einen Start wäre 2016, und es müsste mit einer
Flugzeit von drei Jahren gerechnet werden. So würde die Sonde
voraussichtlich rechtzeitig zur Pensionierung von Detlef Koschny wieder
zur Erde zurückkehren... Aber eben: Studien, so machte der
Referent deutlich, bleiben oft, was sie eben sind: Geistige Sandburgen,
um daran Gedankenspiele zu trainieren. In die Realität umgesetzt
werden hingegen die wenigsten...
Die Sache mit der genauen Ereigniszeit
Eine kleines
Teilgebiet bei der Beobachtung von kleinen Planeten sind
Bedeckungserscheinungen. Obwohl diese eigentlich mehr zu der Fachgruppe
Sternbedeckungen gehören, sind auch in unserer Fachgruppe
zunehmend Mitglieder, die sich dieser faszinierenden Art von
Beobachtungen widmen.
Wenn ein Stern von einem kleinen Planeten bedeckt wird, ist es bei
mehreren Beobachtungen an verschiedenen Orten möglich, die
Größe und die Form des kleinen Planeten zu bestimmen.
Wichtig für solche Beobachtungen ist neben genauer Kenntnis des
Ortes auch die Zeiten des Beginns und des Endes der Bedeckung. Oft
werden dafür sehr lichtempfindliche Videokameras benutzt, wobei
auf dem Videosignal eine Zeiteinblendung von einer DCF- oder GPS- Uhr
erfolgt. Über dieses Thema berichtete dann auch Sven Andersson im
anschließenden Referat.
Webcams, die heute häufig für Sternbedeckungen benutzt
werden, und auch CCD-Kameras, verwenden heute meistens einen USB -
Anschluss. Hier ist dann die analoge Zeiteinblendung nicht mehr
möglich. Harrie Rutten hat deshalb in Zusammenarbeit mit Prof. Dr.
Hellmuth Cuno einen optischen Time-Inserter entwickelt, der sich
für jedes CCD - Erfassungssystem eignet, der aber auch nur mit
einigem Aufwand zu bauen ist. Leider lag an der Tagung der Prototyp
noch nicht vor.
Und als drittes Referat zu diesem Thema erläuterte André
Knöfel eine Low Cost - Lösung mit einem USB Grabber zur
Erfassung möglichst präziser Zeitsignale auf
Video-Halbbildern, wobei solche Grabber gerade mal 30 bis 50 Euro
kosten.
Historischer Ausklang
Nach soviel Technik bot dann das letzte Referat mit seinem historischen Thema sozusagen wieder etwas Beschaulichkeit.
Die Kleinplaneten Nr. 5 „Astraea“und Nr. 6 „Hebe“ wurden vom
Amateurastronomen Karl Ludwig Hencke entdeckt. Konrad Guhl, Mitarbeiter
an der Archenhold-Sternwarte, würdigte mit vielen Details und
Anekdoten, wie sich der einstige Postsekretär aus dem heute in
Polen liegenden Driesen zum angesehenen Astronomen mauserte. Wenig
bekannt ist, dass Hencke eine der berühmten Berliner akademischen
Sternkarten anfertigte, und zwar ausgerechnet eine der schwierigsten
und detailreichsten. Das Entdeckungsteleskop der Astraea befindet sich
übrigens in der Ausstellung der Archenhold-Sternwarte. Es
überlebte die Kriegswirren und die Plünderungen, weil es beim
Kriegsende unter Schutt begraben lag.
Mit diesem gelungenen Ausflug in ein Stück Vergangenheit konnte
Gerhard Lehmann die Sternfreunde wieder verabschieden. Die nächste
Tagung der Fachgruppe wird übrigens auf der Starkenburg-Sternwarte
in Heppenheim am 14./15.Juni 2008 stattfinden. Wie immer ist auch
dafür das dem Vollmond am nächsten gelegene Wochenende im
Juni vorgesehen.
Aktualisiert am 11. November 2007 von Martina Haupt