Beobachtung der ringförmigen Sonnenfinsternis
am 3.Oktober 2005 in Tunesien

Einleitung

Bei dieser Beobachtung hatten wir das große Glück zwei Dinge miteinander verbinden zu können: Eine Urlaubsreise und eine Exkursion zu einem astronomischen Ereignis.

Die Wahl des Ziels fiel aus mehreren Gründen auf Tunesien. Der wichtigste Grund war mit Sicherheit, daß wir hier alle Beobachtungen durchführen konnten, die wir machen wollten.  Dazu kam dann noch eine ganze Reihe weiterer Gründe. Zum Beispiel, daß die Wetterprognosen für Tunesien im Oktober nicht allzu schlecht waren, das Land gilt als sicher für Touristen und ein Urlaub dort kostet nicht gleich ein Vermögen. Es wäre auch möglich gewesen das Ereignis in Spanien zu beobachten. Da aber dort bereits genug Beobachter waren, die das gleiche Beobachtungsprogramm wie wir es uns vorgenommen hatten abzudecken entschieden wir und für Tunesien. Frei nach dem Motto "irgendwo muß der Himmel ja klar sein".

Wie bereits oben erwähnt war diese Reise zweigeteilt. Die erste Woche waren wir auf Djerba untergebracht. Wir nutzten die ersten fünf Tage um die Dinge zu tun, die man als Tourist halt so macht: Wir machten die verschiedensten Ausflüge und gingen selbstverständlich auch das eine oder andere Mal im Meer baden. Der erste Höhepunkt war dann die ringförmige Sonnenfinsternis. Der zweite Höhepunkt der Reise war dann eine einwöchige Rundfahrt durch den Südlichen Teil Tunesiens. Hier gibt es den ausführlichen Reisebericht als PDF.


Beobachtungsprogramm

Für diese ringförmige Sonnenfinsternis hatten sich einige Mitglieder der astronomischen Arbeitsgemeinschaft der Archenholdsternwarte vorgenommen ein Projekt zu vollenden, das bei zwei totalen Sonnenfinsternissen leider gescheitert ist. Wenn man bei einer totalen oder ringförmigen Sonnenfinsternis  am nördlichen oder südlichen Rand der Bedeckungszone beobachtet, dann kann man zwar die Korona bzw.. den Ring nicht, oder nur sehr kurz sehen, man kann aber eine anderes Phänomen beobachten Bailey's Beads.

Hinter Bailey's Beads verbirgt sich eine Erscheinung, die auch unter dem deutschen Begriff "Perlschnurphänomen" bekannt ist. Diese Perlschnur entsteht, wenn die Mondberge den Sonnenrand bereits abdecken, durch die Mondtäler aber noch Licht hindurchfällt. Beobachtet werden kann das Perlschnurphänomen sowohl in den Randbereichen der Bedeckungszone als auch kurz vor dem 2. Kontakt und kurz nach dem 3. Kontakts innerhalb der Bedeckungszone. Wenn man nun Bailey's Beads sowohl am nördlichen und am südlichen Rand der Bedeckungszone beobachtet und auch die Standorte der Beobachter genau kennt, dann kann man aus den gewonnenen Daten den Durchmesser der Sonne sehr genau berechnen.

Um sicherzustellen, daß wir sowohl vom Nordrand als auch vom Südrand auswertbare Daten gewinnen können haben wir jeweils zwei Stationen ausgerüstet. Beobachtet wurde jeweils mit einer speziellen Videokamera. Die genaue Zeit  neben der genauen Position aus dem GPS-Signal gewonnen und mit Hilfe eines so genannten "Time-Inserters" in das Videobild eingeblendet.  Dieses Signal wurde dann mit Hilfe eines geeigneten Camcoders bzw.. Videorecorders aufgezeichnet. Da es sowohl mit technischem als auch mit finanziellem Aufwand verbunden ist mehrere solcher Stationen auszurüsten beließen wir es bei insgesamt vier Stationen. Die beiden Stationen am Südrand wurden von Familie Guhl besetzt, die beiden Stationen von Wolfgang Rothe und Sven.

Da es für mich, Martina, aus oben genannten Gründen keine Station in der Randzone mehr zu besetzen gab fuhr im mit Frau und Sohn von Wolfgang Rothe in die ringförmige Zone. Ganz bis zur Zentrallinie würden wir es wohl nicht schaffen, aber wir sollten dennoch einen fast symmetrischen Ring zu sehen bekommen. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß es mit Hilfe einer Rahmenantenne möglich war das "normale" DCF77-Signal zu empfangen, beschloss ich  meine Stoppuhr mit Wolfgang Rothes DCF77-Empfänger zu synchronisieren und  an meinem Standort zu versuchen den 2. und 3. Kontakt zu stoppen. Das DCF77-Signal ist übrigens das Zeitzeichen mit dem sich hier in Deutschland unsere Funkuhren synchronisieren damit wir dann die genaue Zeit ablesen können. Neben der fehlenden technischen Ausstattung ergab sich dann vor Ort noch eine weiter Umstand, weshalb ich mit auf die Zentrallinie mußte: Sven und ich waren beide als Fahrer für das Mietauto eingetragen, also mußte einer von uns wohl oder übel mit auf die Zentrallinie. Da ich bei meinem Vorhaben nahe der Zentrallinie den 2. und 3. Kontakt zu stoppen nicht viel falsch machen konnte wählte ich diesen sehr viel weniger nervenaufreibenden Teil der Beobachtung.


Erkundung am 1. Oktober 2005

Wir fuhren mit unserm Mietauto los, einem Fiat Siena das uns vom 1. bis 3. Oktober zur Verfügung stand. Um kurz nach 11.00Uhr fuhren wir los. Die Fahrt ging über den so genannten Römerdamm, der Djerba mit dem Festland verbindet und dann weiter in Richtung Tataouine.

Die  Erkundung lief besser als gedacht. Unsere Karten waren ausreichend genau, um uns auf den Hauptstraßen zurechtzufinden und wir fanden auch zwei schöne Beobachtungsplätze für Sven und Wolfgang. Wir fuhren danach noch ca.. 1 Stunde weiter in Richtung Tataouine, um zu erkunden, wie die Straßen in Richtung der ringförmigen Zone sind, wie weit man überhaupt fahren kann, wie lange die Fahrt dauert usw.. Wir fanden sogar einen sehr schönen Platz auf einer kleinen Anhöhe vor Tataouine um ca.. 80km von der Zentrallinie entfernt den Ring zu beobachten.


Beobachtung am 3. Oktober 2005

Heute hieß es früh aufstehen, denn die Mitte der Ringförmigkeit war für unseren Beobachtunsgsort bei Tataouine für 10.20Uhr MEZ vorausberechnet. Die Uhren wurden in Tunesien in der Nacht zum 1.Oktober auf „Winterzeit“ zurückgestellt worden. Diese entspricht der mitteleuropäischen Zeit (MEZ). Der Wecker klingelte um 5.00Uhr früh und nach einem kurzem Frühstück holten wir Rothes ab, die in einem anderen Hotel untergebracht waren. Gemeinsam fuhren zu den am 1. Oktober ausgekundschafteten Standorten. Wir hatten Glück und kamen dank der frühen Stunde zügig durch alle Dörfer und Städte. Wolfgang Rothe und Sven wurden an den jeweiligen Standorten samt ihrer Ausrüstung abgesetzt, dann ging es weiter in Richtung Zentrallinie.

ringförmigkeitAuf der Zentrallinie angekommen blieb noch eine gute halbe Stunde Zeit, um in Ruhe aufzubauen und die partielle Phase zu beobachten. Gisela und Frank Rothe beobachteten ein Stück von der Straße entfernt durch ein Stück Sonnenfilterflie, das Wolfgang in einen Papprahmen geklebt hatte. Ich blieb neben dem Auto am Straßenrand stehen und benutzte für meine Beobachtung ein 10X25 Fernglas, das ich auf einem Fotostativ befetigte. Nachführen mußte ich "von Hand".  Es gelang mir auch mit Hilfe der Stoppuhr die Zeiten für den 2. und 3. Kontakt zu bestimmen, denn Videotechnik hatte ich ja leider nicht zur Verfügung. In beiden Fällen habe ich sogar die Perlschnur beobachten können. die Zeiten habe ich jeweils am Anfang und am Ende der Perlschnur genommen.
Nach Ende der ringförmigen Phase guckten wir auf der Zentrallinie noch einige Minuten, wie der Mond die Sonne wieder freigab, dann packten wir ein, um Sven und Wolfgang wieder abzuholen.

Wie bereits erwähnt  standen wir nicht nur 80km von der Zentrallinie entfernt, sondern auch am Rand einer Straße die nach Tataouine, einer größeren Stadt, die von unserem Beobachtungsort aus bereits in Sichtweite war. Entsprechend  häufig kam es auch vor, daß bei dem in Tunesien nicht allzu starken Verkehrsaufkommen ein Auto vorbeifuhr.  Ab und an stoppte eins der Fahrzeuge und der oder die Insassen kamen auf mich zu und fragten auf französisch ob ich die Sonnenfinsternis beobachte. Ich bejahte die Frage jedesmal und machte
, da ich kein französich spreche, durch Gesten  klar daß die Leute gern einmal durch das Fernglas gucken dürfen.  Ausnahmeslos bedankten sich die Gäste anschließend höflich und fuhren weiter.  Angst zu haben war auf jeden Fall unbegründet.

station svenSven beobachtete das Ereingnis am nördlichen Rand der totalen Zone.  Das heißt an einer Stelle war der Ring nie ganz geschlossen, statt dessen war dort das Perlschnurphänomen zu beobachten. Am Ende würde es darum gehen auszuwerten, wann die einzelnen Perlen aufgetaucht und verschwunden sind. Deshalb wurde das Ereignis bei den Stationen, die an der Randzone auch auf Video aufgezeichnet, denn das ermöglicht eine nachträgliche Auswertung, bei der die einzelnen Bilder immer wieder betrachtet und bewertet werden können.  Svens Station bestand aus einem kleineren Refraktor, also einem Linsenteleskop, das auf einer parallaktischen Montierung mit Nachführung befestigt war. Das heißt während der gesamten Beobachtungszeit brauchte das Telekop dem scheinbaren Lauf der Sonne am Himmel nicht von Hand nachgeführt werden. Statt eines Okkulars befand sich jedoch eine Videokamera am Teleskop. Das Signal, das diese Videokamera lieferte ging anschließend durch jenes als Time-Inserter bezeichente Kästchen, das die genaue Zeit in das Bild einblendet. Das Ganze wurde dann mit Hilfe eines Camcorders auf eine Videokasette aufgezeichnet.  Genau wie bei mir kamen bei Sven auch  von Zeit zu Zeit Menschen vorbei, die fragten ob er  die Sonnenfinsternis beobachte.  Zweimal konnte Sven seinen Besuchern sogar eine Freude machen indem er ihnen ein Stück von der Sonnenfilterfolie abgab, die wir für alle Fälle mitgenommen haben.

station wolfgang rotheDie Station von Woflgang war im Pinzip genauso aufgebaut wie die von Sven.  Ein kleines Linsenfernrohr mit  spezieller Videokamera, GPS-Time-Inserter  und Camcoder.  Da Wolfgang  seine Station etwas versteckt hinter einem  Busch aufgebaut hatte, bekam er im Gegensatz zu Sven und mir kaum Besuch von zufällig vorbeifahrenden Menschen. Der  Busch, hinter dem Wolfgang seine Station aufgebaut hatte war übrigens der einzigste seiner Art im weiten Umkreis. Außer besagtem Busch gab es in der Umgebung ansonsten nur einige flache, maximal kniehohe Pflanzen.

Auf der anschließenden Rückfahrt waren, nachdem wir Sven und Wolfgang an ihren jeweiligen Beobachtungsorten abgeholt hatten, die ringförmige Sonnenfinsternis und unsere Beobachtungen natürlich Gesprächsthema Nr.1. Sowohl Sven und Wolfgang am Nordrand als auch ich nahe der Zentrallinie konnten erfolgreiche Beobachtungen verbuchen. Wie uns Konrad per SMS mitteilte hatten Guhls am Südrand der Bedeckungszone nur mit einer von zwei Stationen einen Teilerfolg. Jetzt wußten wir auch wo Murphy während dieser ringförmigen Sonnenfinsternis gesteckt hat: Am Südrand. Neben Familie Guhl hatten dort auch noch andere uns bekannte Beobachter, die nicht der astronomischen Arbeitsgemeinschaft der Archenholdsternwarte angehören,  Pech mit ihren Stationen.

Übrigens hatten auch die Beobachter in Spanien Pech. Dort hätte wahrscheinlich die Technik bestens funktioniert, aber der Himmel war verhangen.



Erstellt am 31.12. 2005 von Martina Haupt