Astrometrie von Kleinplaneten
Über uns
Seit 2001 beobachten wir Kleinplaneten. Angesteckt wurde ich (Sven) schon etwas früher durch Arno Gnädig und
Andreas Doppler, welche Beobachter und "Rechner" in der astronomischen Arbeitsgemeinschaft an der
Archenholdsternwarte (604) sind. Im Jahr 2000 baute ich die AUDINE-CCD-Kamera
auf und rüstete die G11-Montierung mit der FS2-Steuerung aus. Ein erster Test war dann Pluto aufzunehmen.
Im Jahr 2001 konnten wir 17493, 2000YQ29 und 2001JM1 vermessen und an das MPC melden (als 604, wir befinden uns nicht sehr
weit weg von der Archenhold-Sternwarte). Vermessen haben wir mit AstroArt.
Die Kleinplanetentagung 2001 in Berlin gab uns weitere Anregungen und Kontakte zu anderen Beobachtern. Beobachtungsmäßig
mußten wir etwas kürzer treten, da wir im Haus renovierten und Martinas Umzug bevorstand.
Seit Juli 2002 sind wir Mitglieder der Fachgruppe Kleinplaneten. Im August/September
war zeitweise Beobachtungswetter und wir konnten den Kometen Hoenig, (1922)Zulu, (531)Zerlina vermessen. Seit diesem Jahr nutzen wir zum
vermessen Astrometrica. Mit diesen Meldungen an das
MPC beantragten wir einen eigenen Stationscode - und
bekamen prompt einen zugeteilt - A37!
Jetzt hängt es hauptsächlich vom Wetter ab, wie oft wir beobachten können. Aber meist sind es nur wenige Tage im Monat.
Beobachtete Objekte:
Pluto,
17493 ,2000YQ29, 2001JM1, 1922, 531, 433, 6771, 25330, 2002RP120, C/2002O40, 8348, 3001, 25753, 4030
Wenn es zu kalt ist, um CCD-Aufnahmen am Fernrohr aufzunehmen, nutzen wir die Fernsteuermöglichkeit von Teleskop und Kamera.
Als Programm nutzen wir Audela, welches
verschiedenste
Optionen bietet.
Martina bei der Jagd nach (4030) Archenhold
Astrometrie
Den Begriff Astrometrie kann man auch durch das deutsche Wort Positionsbestimmung ersetzen. Jetzt kann man sich natürlich
die Frage stellen, warum die Positionen der Kleinplaneten immer wieder vermessen werden müssen. Schließlich sind doch die
Bahnen bekannt und man kann berechnen, wo sich die Brocken aufhalten. Im großen und ganzen stimmt diese Aussage auch.
Die Bahnen der Asteroiden, wie diese Objekte auch genannt werden, werden jedoch immer wieder durch unterschiedlichste
Einflüsse gestört. Dies kann zum Beispiel ein naher Vorbeiflug an einem der "großen" Planeten sein. Bei Objekten, deren
Entdeckung noch nicht so lange zurückliegt ist außerdem die Präzisierung der Bahnelemente ein wichtiges Ergebnis dieser
Beobachtungen, denn allgemein gilt: Je mehr Bahnpunkte vermesse werden und je größer der Zeitraum über den dies geschieht,
desto präziser läßt sich die Bahn des Kleinplaneten berechnen.
Die nächste Frage, die sich nun stellt ist sicherlich die, wie man die Positionen so genau bestimmt, daß man daraus eine Bahn
rechnen kann. Dies geschieht indem man den Kleinplaneten zusammen mit einer Anzahl von Referenzsternen fotografiert. Die
macht man in der Regel mit CCD-Technik, das ist eine auf die Bedürfnisse der Astronomen optimierte Digitalfotografie. Da
die Positionen der Sterne sehr genau bekannt sind und in den verschiedenen Sternkatologen verzeichnet sind kann man die
Position eines zu vermessenden Objektes relativ zu diesen Referenzsternen bestimmen. Natürlich ist auch die genaue Uhrzeit
und die genaue Position der beobachtenden Station von entscheidender Bedeutung.
Wenn nun die Position des zu vermessenden Kleinplaneten nicht so genau bekannt ist, wie kann man dann überprüfen ob man das
gesuchte Objekt auch wirklich aufgenommen hat. Man schaut sich mit Hilfe des Computer mehrere Aufnahmen, die man im zeitlichen
Abstand von einigen Minuten macht in raschem Wechsel an. Der Rechner legt die Aufnahmen dabei so übereinander daß die Sterne
praktisch an einem Ort bleiben. Der Kleinplanet verrät sich bei dieser Technik, die im Fachjargon "blinken" genannt wird als
hüpfendes Pünktchen, da er im Vergleich zu den Sternen eine sehr große Eigenbewegung hat.
Diese Messungen von Kleinplanetenpositionen sind hier bei uns hier an der Amateursternwarte Müggelheim eher eine unromantische
Routineangelegenheit. Der Ablauf ist immer der folgende: Aufsuchen des Sternfeldes, in Abständen von 5 bis 10 Minuten werden 4
bis 5 CCD-Aufnahmen gemacht, die Aufnahmen werden mit Astrometrica vermessen und als letztes werden die Ergebnisse per e-Mail
an das MPC geschickt.
Trotzt des im letzten Absatz gesagten möchte ich an dieser Stelle auf zwei Messungen eingehen, die für uns mehr als eine simple
(6771)Förster und zum anderen die von (4030)Archenhold. Ich möchte nur so viel vorweg nehmen: Nach den Herren Archenhold
und Förster sind beiden Berliner Sternwarten benannt.
Warum beobachteten wir den kleinen Planeten (6771)Förster?
Während der Tagung der Fachgruppe kleine Planeten der VDS (Vereinigung Deutscher Sternfreunde) im Jahre 2001 wurden wir darauf
aufmerksam gemacht, daß die Wilhelm-Förster-Sternwarte auf ihrer Webseite einen Preis auf die erste Amateurbeobachtung von
(6771)Förster ausgesetzt hatte. Damit war unser Jagdinstinkt geweckt. Um es kurz zu machen, wir bekamen dann auch
den "Berliner Mondatlas" für unsere Beobachtung.
Die Beobachtung von (6771)Förster
Das wir den Kleinplaneten hatten wir bereits im Sommer 2001 beschlossen. Wir mußten uns aber bis zum 02. November 2002 gedulden,
denn erst zu diesem Zeitpunkt stand der Kleinplanet so hoch über dem Horizont, daß wir ihn beobachten konnten. Ein anderes, nicht
zu unterschätzendes Problem ist bei solchen Beobachtungen das Wetter. Aber an besagten Abend paßten alle Parameter und einer
Beobachtung stand nichts mehr im Weg. Natürlich machten wir nicht nur eine Aufnahme um den Preis der Wilhelm-Förster-Sternwarte
zu bekommen. Wir machten gleich eine Reihe von Aufnahmen, so daß wir auch ein Ergebnis hatten, daß wir an das MPC weitergeben konnten.
Für die erste Amateuraufnahme von (6771)Foerster bekamen wir von der
Wilhem-Foerster-Sternwarte einen Preis - den "Berliner Mondatlas"! Außerdem wurde unsere Aufnahme als "Bild der
Woche" veröffentlicht.
Wer war Herr Förster?
Wilhelm Julius Förster (1832-1921) war ein deutscher Astronom. Ihm wurde der Kleinplanet Nummer 6771 gewidmet. Außerdem die nach der
Teilung Berlins im Westteil der Stadt neu errichte Sternwarte nach ihm benannt.
Wilhelm Förster war von 1865-1903 Direktor der damaligen Berliner Sternwarte. Auf sein Initiative geht unter anderem die Gründungen
folgender Einrichtungen zurück: Astronimische Gesellschaft (1863), Astrophysikalisches Institut Potsdam (1874), Berliner Urania (1888).
Warum beobachteten wir den kleinen Planeten (4030)Archenhold?
Nachdem wir (6771)Förster erfolgreich beobachtet haben müßten wir auch den anderen Namenspatron der Berliner Sternwarten diese Ehre
erweisen. Da wir ja beide in der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft an der Archenholdsternwarte aktiv sind war dies für uns sogar so
etwas wie ein Verpflichtung. Es hieß nun also abwarten, bis (4030) Archenhold eine Höhe über dem Horizont erreicht hatte in der eine
Beobachtung möglich war, und er mußte auch eine ausreichende Helligkeit erreicht haben.
Die Beobachtung von (4030)Archenhold
Am Morgen des 1. Januar 2002 war es soweit. Nachdem sich der Rauch des Sylvesterfeuerwerks verzogen hatte zeigte sich ein sternenklarer
Nachthimmel. Wir beschlossen also nicht ins Bett zu gehen, sondern die Chance zu nutzen, denn (4030)Archenhold stand um nun hoch genug
über dem Horizont und er hatte auch eine ausreichende Helligkeit. Gleichzeitig sollte war dies ein Test für unsere Ausrüstung, wie gut
man solch relativ dunkle Objekte noch aufnehmen und vermessen kann, denn genau wie bei Förster wollten wir nicht nur ein schönes Bild
haben sondern auch ein Ergebnis an das MPC weiterleiten können.
Wir hatten Glück und schon beim blinken der ersten Aufnahmen zeigte sich an der Stelle wo wir es erwarten hatten ein schwachen hüpfendes
Objekt.
Die Aufnahmen wurden noch in der gleichen Nacht vermessen. Da Archenhold wie bereits erwähnt ein für unsere Verhältnisse sehr schwaches
Objekt ist konnten wir nicht wie sonst die Einzelaufnahmen auswerten, sondern wir mußten die Bilder mit einer ?Track-and-Stack? genanntne
Technik anwenden. Dabei werden die Bilder so übereinandergelegt, daß jeweils die Stelle, an der der sich Kleiplanet befindet überlagert
wird und die Helligkeiten der einzelnen Aufnahme addiert werden. Die Sterne verwischen auf dem Summenbild natürlich zu Strichspuren, aber
der kleine Planet wird deutlicher abgebildet und der Computer kann ein genaueres Ergebnes berechnen. Dieses Beoachtungsergebnis wurde
natürlich auch an das MPC weitergeleitet.
Wer war Herr Archenhold
Der Astronom Friedrich Simon Archenhold( 1861-1939) war der erste Direktor 1896 gegründeten Sternwarte in Berlin Treptow. Auf sein
Betreiben hin wurde anläßlich der Berliner Gewerbeausstellung im Jahre 1896 das Treptower Riesenfernrohr errichtet, das noch heute
Wahrzeichen der Sternwarte ist. Im Jahre 1948 erhält die Sternwarte im Rahmen der 50-Jahrfeier den Namen Archenholdsternwarte.
Mit der Benennung des Kleinplaneten Nummer 4030 wurde er am Himmel verewigt.
Aktualisiert 2003 12 31