Die Bedeckung von HIP 103334 durch  (476)Hedwig

Eines Abends erreichte mich der Anruf  von Martin, einem befreundeten Amateurastronomen aus der Arbeitsgemeinschaft  der Archenhold-Sternwarte: " Am 7.11.2000 ist eine Kleinplanetenbedeckung. Die Bedeckungslinie geht genau über Berlin. Das ist was für's Photometer.  Versuchs doch mal, wenn Wetter ist!"
Am Abend der Bedeckung war es zwar nicht übermäßig klar, aber eine erfolgreiche Beobachtung war  durchaus drin. .  Zuhause auf der Couch wäre es zwar gemütlicher gewesen als draußen bei gerade mal 10°C und  so hoher Luftfeuchte, so daß der Atem deutlich sichtbar kondensierte, aber was soll's ... Also auf zur Sternwarte!
Dort angekommen zuerst mal die Kuppel auf,  alle Deckel vom Teleskop entfernt und den Laptop mit der elektronischen Sternkarte hochgefahren, der einfache Teil wäre also geschafft. Jetzt kommt der weitaus schwierigere: Das Sternfeld finden! Das Problem beginnt damit, daß das Fernrohr nicht mit einem  PC verbunden ist und somit keine  goto-Funktion hat.  Das heißt also HIP103334 muß  'zu Fuß' aufgesucht werden.  Mit Hilfe von Sternkarte und Teilkreisen ist man sehr schnell in der Nähe des gesuchten Objektes,  nun kommt aber die Feinarbeit , was heißt daß der Stern mit Hilfe des Auges in die Mitte des Gesichtsfeldes gebracht werden muß. Das ist gar nicht so einfach. Aber zum Glück tauchte nun auch meine Mitbeobachterin Martina auf, die das Ereignis  visuell, also ganz klassisch mit Auge am Okular und Stoppuhr, messen wollte. Wir suchten nun abwechselnd und irgendwann machte es dann "klick" - Der Stern war gefunden. Inzwischen blieb auch nur noch eine halbe Stunde Zeit bis zum angekündigten Zeitpunkt. Also schnell das Photometer angeschlossen.
photometer.jpg Das war jetzt wieder  eine einfache Aufgabe.  Noch ein paar kurze Tests, die Integrationszeit noch mal schnell (im Kopf) nachgerechnet - jetzt bloß keinen Fehler machen - und noch mal kontrolliert ob HIP103334 noch anwesend ist.  Martina hat inzwischen auch ihre Stoppuhr mit dem DCF77-Signal,oder umgangssprachlich dem Zeitzeichen,  synchronisiert und macht eine letzte Teststoppung. Alles ist in bester Ordnung es kann also losgehen. Sowohl visuell als auch mit dem Photometer.  Die Uhr zeigt 19:45 UT Martina starrt gebannt durch das Okular,  ich starre auf den Monitor. Die durchlaufenden Zahlen geben  erst mal keinen weiteren Hinweis auf eine Bedeckung. Aber das war auch nicht zu erwarten.
Um 19:50UT brechen wir die Beobachtung ab. Martina schimpft gleich:"Zwei Sterne im Gesichtsfeld, aber so eine große Luftunruhe daßdiese abwechselnd auftauchten und verschwanden. Ein echtes Bedeckungsereignis war nicht von der Szintillation zu unterscheiden. Ich mußte auf die Auswertung am Computer warten.  Wir haben also erst mal in der Kuppel abgebaut um alles wieder in ordnungsgemäßen Zustand zu verlassen.
Dann haben wir auf einem anderen  Rechner, auf dem sich eine Auswertesoftware befindet, noch schnell einen Blick auf die Photometerdaten geworfen. Die Kurve sah aber nicht wie erwartet aus, sondern eher wie ein Sägezahn. Den Fehler hatten wir aber in der Arbeitsgemeinschaft schon mal.  Die Meßwerte werden aufaddiert,  bis der Speicher überläuft und von vorne zu zählen anfängt. Das sollte sich auf mathematischem Wege rückgängig zumachen sein. Aber nicht hier und heute. Wir verabschiedeten uns und gingen  mehr oder weniger frustriert nach Hause.
Peter, ein anderer befreundeter Amateur aus der Arbeitsgemeinschaft konnte mir wirklich weiterhelfen. Er schrieb - wer kann, der kann - ein kurzes Programm, das die Kurve wieder so aussehen ließ wie ich sie erwartet hatte.  Und das Allerschönste daran war: Ich hatte tatsächlich eine Bedeckung beobachtet. hedwig2.jpg
Nach und nach kamen Meldungen von anderen visuellen Beobachter, die mehr Glück als Martina hatten, und die Bedeckung auch gesehen  haben.
Jetzt gab es wieder eine Menge  zu tun. Da die Beobachter selbstverständlich alle ihre Koordinaten kannten war es möglich am heimischen PC ein einfaches Bild von 476(Hedwig) zu berechnen, dann mußten die Beobachtungen natürlich weitergemeldet werden und ein erster Vortrag wollte auch vorbereitet werden.

Eins hat diese Bedeckung jedenfalls mit allen erfolgreichen Beobachtungen gemein: Man bekommt Lust auf Mehr. Aber eine erfolgreich beobachtete Kleinplanetenbedeckung ist fast so etwas wie ein Sechser im Lotto.  Es muß soviel gleichzeitig zutreffen: Das Ereignis muß am Beobachtungsort mit großer Wahrscheinlichkeit zu beobachten sei, der Stern muß hell genug sein, der Helligkeitsunterschied zu Kleinplaneten muß hinreichend groß sein, das Wetter muß mitspielen...

Welche Ergebnisse liefert solch eine Beobachtung?

Durch die Beobachtung einer Asteroidenbedeckung lassen sich die Bahnelemente verbessern. (Bei Hedwig war es sicherlich nicht so entscheidend, bei anderen Asterioden durchaus!)

001107fb.jpg Desweiteren läßt sich, durch Beobachtung von verschiedenen Orten aus, die Form des Asteroiden bestimmen.
Der Durchmesser von Hedwig beträgt, nach unseren Beobachtungen 130(+/-10km) x 90(+/-10km). Leider gab es keine Beobachter, welche nördlich
von Prenzlau beobachtet haben. Diese Ellipse ist natürlich nur ein Modell! Man sieht deutlich, daß (476)Hedwig von der Ellipsenform abweicht!Interessant wäre auch eine Beobachtung südlich von Hesselwinkel (bei Berlin) gewesen. Hier hätte man eine streifende Asteriodenbedeckung beobachten können.

Abschließend möchte ich allen danken, die zum Erfolg dieser Beobachtung beigetragen haben!

Martin Federspiel, Jan Manek (Last minute prediction)

Martina Haupt, Peter Enskonatus, Martin Dentel, Niko Wünsche, Jörg Möllmann, Dieter Ewald u.a.




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